Montag, 23. September 2013

Früchte einer wunderbaren Zeit

Heute vor genau einem Monat war mein letzter Tag in Russland.

Und er schmeckte nach Zartbitterschokolade: in einem Moment wunderbar süß und bitter, schön und traurig. Es war vielleicht der intensivste Tag des ganzen zurückliegenden Tages und deshalb möchte ich ihn gerne noch einmal in Gedanken durchleben und ihn euch in diesem Blog auch nicht vorenthalten…
Wie auch schon vor einem Jahr waren die letzten zwei Wochen zwischen halb gepackten Koffern in zwei Welten, mit dem Wunsch sich doch wenigstens verdoppeln zu können, nichts verpassen zu wollen und jeden Moment nochmal ganz intensiv auszukosten, mit den vielen letzten Malen und zwischen Abschiedsschmerz und Vorfreude ziemlich rasant. Doch am Vorabend kam dann die Ruhe. Zum einem großen Teil war es wohl die Erleichterung, dass all das Verabschieden morgen endlich ein Ende haben würde. Zum anderen konnte ich auf ein schönes Jahr und vor allem auch auf noch ein paar wunderschöne Momente in den letzten Tagen zurückblicken. Als ich in Küche auf dem Fußboden saß, um die letzten Dankeschöns fertig zu basteln, kam ich auch zu dem Schluss, dass ich meine Zeit gut genutzt und alles, was ich mir noch vorgenommen hatte, geschafft hatte und in der letzten Woche nochmal mit jedem Kind eine Stunde etwas alleine gemacht und mich so schon ein bisschen von ihm verabschiedet hatte.
Und so begann der letzte Tag, abgesehen vom Weckerklingeln natürlich, ganz friedlich. Abends um kurz nach 10 würde ich voll bepackt die Wohnungstür hinter mir schließen, mich mit drei anderen Freiwilligen am Bus treffen und ausreisen, aber bis dahin blieb mir noch ein Tag mit den Menschen, die mein Freiwilligenjahr am allermeisten geprägt hatten.
Wie an so vielen Morgenen traf ich meine «Соседка» (meine Gruppennachbarin) Johanna früh am Bahnhof und spätestens ab da verging die Zeit so schnell und irgendwie doch leicht wie die verquatschte Elektritschkafahrt und ich hätte sie mir nicht schöner ausmalen können:


goldene Nebelfelder und der Fußweg an der klaren Herbstluft
(ich finde nämlich, dass der Herbst mit seinen ganzen Gegensätzen und seiner melancholischen Grundstimmung am allerbesten zu Russland passt…)
Katja, die, wann immer sie die Zeit hat, in Pawlowsk und der Gruppe 33 vorbeischaut und die mich gleich in Pawlowsk empfing und mir ein T-Shirt mit den Bildern aller meiner Kinder schenkte, „damit sie alle mit mir fahren können“
ein entspannter Tag mit Katja und den Kindern in der Gruppe und draußen in der Korbschaukel beim Spazierengehen
ein Festmittagsessen mit den Kollegen
ein kleines „Danke-und-bis-bald-fest“ für alle Kinder und Pädagoginnen unserer Gruppen 32 und 33
mit jeder Menge Fruchtbrei, Jogurt, Keksen, Säften und ein paar Liedern
ein letztes Mal alleine als Freiwillige durch „meine Gruppe“ gehen und „bis zum Wiedersehen“ sagen
meine Lieblingssanitarka die am Ende dieser Runde in die Gruppe kommt, sich zum dritten Mal und noch herzlicher von mir verabschiedet und mich mit vielen ermutigenden Worten und lieben Wünschen schließlich zur Gruppentür schiebt :)
vor dem Kopus schicken Karo, Johanna und ich Luftballons mit unseren Wünschen in den strahlend blauen Himmel
und viele liebe Kollegen „geleiten“ uns noch zur Elektritschka…

Ich glaube, mir hätte dieser letzte Tag nicht besser zeigen können, dass es die richtige Entscheidung war, nach Russland zu gehen, einen Freiwilligendienst zu machen und vor allem dann letztendlich doch noch in Pawlowsk zu arbeiten.
Es gibt in Pawlowsk so vieles, was ich sehr lange nicht verstanden habe, noch immer nicht verstehe oder vielleicht sogar nie ganz verstehen werde. Mein Kopf hat während meiner Zeit in Pawlowsk eigentlich unermüdlich weitergearbeitet. Das war vielleicht manchmal sehr anstrengend, macht diese Zeit für mich aber auch umso intensiver.
Die Zeit war sicher eine große Herausforderung für mich. Schon an das Gefühl, plötzlich viel selbstständiger arbeiten zu müssen, aber auch zu dürfen, musste ich mich eine ganze Weile erst gewöhnen. Aber ich glaube, ich bin an dieser neuen Aufgabe gewachsen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn einem andere so viel Verantwortung und Selbstständigkeit zutrauen und mit der Zeit traute ich auch mir selbst immer mehr zu.
Am meisten geholfen haben mir dabei die Kinder selbst. Vor meinem ersten Tag in Pawlowsk hatte ich ein wenig Angst davor, wieder ganz von vorne beginnen zu müssen, erst zu jedem Kind wieder einen Zugang finden zu müssen und es vielleicht nicht zu schaffen, ihnen nicht genug geben zu können. Doch die Kinder haben mir von Anfang an so viel Vertrauen entgegengebracht und mich gleich einfach so bei sich aufgenommen. Das hat mich auch selbst ruhiger, entspannter, geduldiger und nachsichtiger mit mir selbst werden lassen.

Das Schönste, was ich bei meiner Arbeit erleben durfte, war das Sich-auf-andere-einlassen, andere Menschen mit all ihren Facetten kennenzulernen und ihre Behinderung als (nur) einen Teil ihrer ganzen Persönlichkeit zu akzeptieren und dafür selbst als ganzer Mensch angenommen zu werden.
Und ich durfte erfahren, wie viel Freude es macht, anderen Menschen dabei zu helfen, sich weiter zu entfalten!
Umso länger ich in Pawlowsk arbeitete, desto geübter wurde ich, die Arbeit lief mir immer besser von der Hand und ich schaffte jeden Tag deutlich mehr. Trotzdem, ich habe das Gefühl, dass man in Pawlowsk nie alles schaffen kann, was man eigentlich noch schaffen und erreichen möchte, noch nicht einmal in einer von vielen kleinen Gruppen. Und dabei kamen mit jedem weiteren Tag doch immer leichter und schneller neue Ideen für die Arbeit…
Die Arbeit in Pawlowsk hat mich deshalb oft an meine  Grenzen stoßen lassen, worüber ich aber mit etwas Abstand betrachtet sehr froh bin. Indem ich mich mit meinen eigenen Grenzen und Schwächen auseinandersetzen musste, habe ich viel über mich selbst gelernt und es hat mir wohl noch für eine lange Zeit viel Stoff zum weiter Nachdenken und Reflektieren gegeben.

Meine Antwort auf die Frage, ob ich in meinem Freiwilligendienst etwas erreichen konnte:
Wenn ich nur ein paar Kindern ein paar glücklichere Stunden schenken konnte, dann hat sich mein Dienst für sie schon gelohnt. Gerade weil ich oft das Gefühl hatte, dass immer mehr immer noch nicht genug wäre, habe ich viel mehr den Glauben an die kleinen Dinge gefunden, sich auf kleine Dinge besinnen, die einen glücklich machen können und auf das konzentrieren, was man im hier und jetzt hat und nicht schon daran denken, dass man das Kind irgendwann wieder in sein Bett legen und es wieder alleine lassen muss.
Meine Kinder sind alle wahre Überlebenskünstler und haben es mir so gut vorgemacht.
Da ist zum Beispiel Sascha, der lange Zeit nur über eine Magensonde ernährt wurde, der lange Zeit sehr still und teilnahmslos war und der jetzt jeden Morgen laut lacht und sich freut, dass er einige Löffel wieder essen und schmecken kann. Oder Serjoscha, der größte Optimist, den ich kenne, der jeden Tag lacht, sodass seine Augen richtig funkeln und am liebsten jeden ganz fest drücken möchte!
Für mich hat sich auf jeden Fall jede Minute meines Freiwilligendienstes gelohnt, weil ich so viel Offenheit, Dankbarkeit und Liebe erfahren durfte.
Schon die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit, lässt mich sofort über das ganze Gesicht strahlen.
Jetzt nicht mehr bei den Kindern zu sein, so viele Stunden mit ihnen zu verbringen und danach nochmal Stunden von dieser Zeit zu reden, fällt mir viel schwerer als ich gedacht hätte, als ich mir vor einem Jahr gewünscht habe, mir würde der Abschied von Russland als Zeichen der Bestätigung schwer fallen.

Aber Abschied heißt, was Neues kommt! Und das gilt für die Kinder genauso wie für mich. Ich wünsche ihnen und dem nächsten Freiwilligen eine genauso schöne, und garantiert unvergessliche gemeinsame Zeit!

Montag, 19. August 2013

Sie haben (einen) Post!

oje, jetzt sprintet die Zeit aber wirklich. War ja aber mal wieder klar, immerhin steht auf meiner To-Do-Liste für die meine letzten VIER Tage in Russland ja auch noch so einiges, z.B. euch allen wenigstens mal eine Postkarte zu schreiben, was ich in Anbetracht meines klitzekleinen Zeitproblems jetzt auch gaaanz wörtlich nehmen werde (In meinem Zimmer warten Dutzende Stapel an Klamotten, Fotos, Klamotten, Büchern und was sich sonst so in einem Jahr angesammelt hat auf ein Kofferwunder und meine Nudeln sind auch gleich fertig...)
Also, leg ich mal lieber schnell los:

Привет ihr Lieben!
Vor euch seht ihr ein wahres Multitalent unter den Postkarten, das jetzt so ziemlich alles auf einmal sein soll:
angefangen von einer Urlaubskarte (denn den hab ich hier ja auch ab und an mal gemacht, wenn auch nicht als Tourist) mit dem typischen Urlaubswetterbericht - von Minus 30 grad und Schnee bis Plus 30 Grad und Sonne und dazwischen viele, viele, viele Regentage alles dabei - über eine nachträgliche Ostergrußkarte (und ja, ich hoffe, ihr habt auch Weihnachten, andere Geburtstage sowie Hochzeitstage, Firmungen, Erstkommunionen und die übrigen Jubeltage ordentlich gefeiert...) bis hin zu einer Einfach-nur-so-Karte, weil ich euch mag, euch die allerliebsten Grüße sende und gerade an euch denke.
Denn all diese Karten habe ich euch zu mindestens in Gedanken das ganze Jahr über immer wieder geschrieben und jetzt schick ich endlich diese eine Karte wirklich ab in der großen Vorfreude, ganz bald wieder bei euch zu sein!
Eure Fini

PS: Vielleicht beantworte ich euch, das nächste Mal, wenn ich euch eine Karte schreibe, die Frage, was passiert, wenn man Nudeln eine halbe Stunde kocht... ;)

Mittwoch, 17. Juli 2013

Über den Dächern

Hier wie versprochen der Bildernachtrag.
Ich muss immer noch über das ganze Gesicht grinsen, wenn ich mir die Fotos anschaue :)












Dienstag, 9. Juli 2013

Perspektivenwechsel

Ich habe wieder was zu erzählen:
Ich war gestern spazieren!
Soweit jedenfalls die Version für Mami ;)

Und jetzt die etwas ausführlichere Geschichte: Ich habe mir die Welt einmal von oben angeschaut und bin zu den Vögeln auf die Dächer der Stadt geklettert.
Damit wäre mein größter Wunsch auf der Liste, mit den Dingen, die ich in meiner Zeit hier noch unbedingt gemacht haben möchte, erfüllt. Diese Idee spukte mir schon einige Zeit im Kopf herum, seit Ela mich nämlich auf unserer Fahrt nach Vyborg gefragt hatte, ob ich denn schon einmal auf dem Dach spazieren gegangen sei.  Wo?! - Na auf dem Dach!
Zuerst konnte ich in diesem Punkt weder meinen Sprachkenntnissen, noch Elas Zeichenkünsten so recht trauen und zog deshalb noch das liebe Wörterbuch zu Rate. Ja, auf dem Dach - natürlich, wo denn auch sonst?
Tatsächlich hörte ich danach noch ab und zu, hier und dort etwas von Dachspaziergängen. . .
"Einfach so" sind wir aber natürlich nicht da rauf gestiegen.
Ela ist über ein Freundin zu einem jungen Mann, Denies, gelangt, der seit fünf Jahren über der Stadt umherwandert und regelmäßig bezahlte Dachexkursionen leitet und damit größtenteils seinen Lebensunterhalt verdient. Weil er dafür aber vor allem von Mundpropaganda abhängig ist, war der kleine Höhenausflug für uns kostenlos. Wir sollen ihn einfach nur weiterempfehlen :)
Um acht trafen wir ihn an einer Metrostation, eine halbe Stunde von hier,und in den nächsten zehn Minuten stießen noch drei weitere Frauen, wobei eine davon zu meiner Beruhigung deutlich älter als ich (schätzungsweise um die 50) war und gingen gleich los. Schon komisch wie schnell wir, sechs wildfremde Menschen, alle ins Gespräch kamen und munter drauf los plauderten. Wahrscheinlich eine willkommene Ablenkung von der Aufregung und wenn man schon auf ein Dach steigt, dann kann man auch mal viel schneller mit Leuten als es vielleicht sonst so seine Art ist. . .
Jedenfalls hatte ich das Dach fast schon wieder ein bisschen vergessen, bis Denies stehen blieb, um uns seine erste "Einweisung" zu geben. Erste Regel: leise sein - Vielleicht doch nicht ganz so offiziell wie ich dachte. . ?
Er öffnete die Tür zum Treppenhaus mit einem Magnetschlüssel und wir stiegen als schweigende Karavane hintereinander die fünf Treppen hinauf. Es roch nach einer Mischung von frischer Blumenerde und muffigem Keller, wenn das Dach gleich unsere Straße sein sollte, dann war das ja auch genau genommen einer :D
Oben auf dem letzten Treppenabsatz wartete bereits Denies und hielt uns eine Tür offen. Und weiter ging es. Gebückt tasteten wir uns im Licht zweier Taschenlampen auf dem sonst stockfinsteren und stickigen Dachboden vorwärts, ein erwartungsvolles Kribbeln auf der Haut. Einer nach dem anderen kletterten wir aus   einer kleinen Gaube aufs Dach und ich schluckte erst einmal, als ich feststellte, dass es sich bei diesem wider Erwarten nicht um ein flaches sonder für meinen Geschmack doch ziemlich geneigten Dach handelte.
Aber der Typ schien ja zu wissen, was er da tat. . .
Weit kam ich aber eh noch nicht, weil vor mir die anderen noch stauten. Denies Ausruf dazu war nur: "Doch nicht auf allen Vieren!"
Er schritt an uns vorbei zum Giebel und forderte uns auf, aufzustehen und EINFACH aufrecht zu gehen.
Sein Argument: "unten" würden wir oft viel unebenere Wege gehen, ohne darüber nachzudenken, und NUR weil wir jetzt "oben" seien, plötzlich nicht mehr vernünftig gehen könnten.
Und als wir uns dann einer nach dem anderen Doch überwanden, stellten wir fest, dass er Recht hatte.
Die ersten Schritte waren sehr zögerlich, doch zunehmend mit jedem Meter wurden sie sicherer.
Ich war erstaunt und vielleicht auch ein bisschen stolz darauf, was ich plötzlich konnte, wenn ich wollte. Wie oft stehen wir uns vielleicht wirklich nur mit unserem eigenen Kopf im Weg. . ?
Ok, ein Kopf hat natürlich auch seine Daseinsberechtigung, weshalb ich noch darauf hinweise, dass sich am Ende des Daches durchgehend ein kleines Metallgeländer befand.
Wir liefen weiter, blieben zwischendurch immer mal wieder stehen, um die Aussicht zu genießen, das "Über-dem-Alltag-zu-stehen", oder um (in meinem Fall mentale) Fotos zu machen (Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, hatten Ela und ich beide keine Kamera dabei, aber bald bekomme ich die Bilder, von einer unserer Dachweggefährtinnen und dann kommt sicherlich nochmal ein kurzer Nachtrag. . .)
So legten wir immerhin gut 200 Meter über zwei oder drei Häuser zurück und setzten uns am Ende der Häuserzeile hin und unterhielten uns eine ganze Weile. Mein Zeitgefühl hatte ich bereits verloren.
Über uns spielte die Strahlen der Sonne in den Wolken und mir viel auf, wie ich den Himmel komischerweise plötzlich viel bewusster wahr nahm, jetzt wo ich ihm nur ein paar Meter näher gekommen war.
Den Rückweg legten wir schließlich nur in einem Bruchteil der Zeit zurück, die wir noch für den Hinweg gebraucht hatten. Vor dem Abstieg zum Ausgang schossen wir noch ein Gruppenfoto und quatschten noch ein bisschen, weil wir uns offensichtlich noch nicht endgültig vom Dach verabschieden wollten. Die Möwen kreischten über uns. Wir ließen unsere Blicke nocheinmal in die Ferne über die Stadt streifen (die Altbauten im Stadtkern sind alle ungefähr gleich hoch) und dann ging es zurück zum Ausgang, durch die kleine Tür auf dem Dachboden, wo mich doch ziemliche Erleichterung erwartete. Auf dem Weg nach unten wurde dann doch ziemlich viel getuschelt und gekichert, weil wir alle noch so aufgedreht von den ganzen neuen Eindrücken waren. Wieder auf der Straße zu stehen, war im ersten Moment komisch, ich nahm auch jetzt noch jeden Schritt viel intensiver war. Auf dem Weg zu Metro verabschiedete sich dann einer nach dem anderen. Jeder ging wieder seinen Weg, aber unseren gemeinsamen Ausflug werden wir wohl nicht mehr so schnell vergessen :)

PS: Sollte sich der ein oder andere über die merkwürdige Schreibweise von "Dennis" gewundert haben - Das hat schon seine Richtigkeit! Денис ist ein russischer Männername und wird eben wie der weibliche Vornamen "Denise" ausgesprochen :D

Samstag, 29. Juni 2013

Heute in genau zwei Monaten ist die Schlussreflexion des ICEs in Dresden auch schon zu Ende und ich bin wieder Zuhause sein, also das Zuhause, das vor allem die Menschen dort sind, das mein Allererstes war und, egal wie gut ich mich hier in St. Petersburg in all den Monaten eingelebt habe, auch immer eins geblieben ist…
Endstimmung liegt in der Luft und lässt sie nach gespannter Vorfreude auf das (neue) Leben, das mich zurück in Deutschland dann erwartet, und nach ein bisschen Wehmut und Abschiedsschmerz vor allem von meinen Kindern, die meine Zeit hier so unglaublich reich gemacht haben, schmecken.

Es ist schon wieder eine Woche her, dass Felix (der war nämlich für 11 Tage noch einmal zu Besuch) nach Deutschland „schon mal vorgeflogen“ ist, ja, genau so fühlt es sich an. Unser gemeinsamer Urlaub, bei dem ein Tag übrigens schöner war als der andere, hatte für mich sozusagen das Gipfelkreuz auf dem zweiten Halbjahresberg markiert und jetzt geht es auf der letzten Etappe rasant bergab, dem Ziel entgegen. Also eigentlich gar keine Zeit zum Grübeln.
Ich zeige euch hier jetzt auch lieber noch ein paar Fotos von den letzten Wochen :)
Oje, das werden bestimmt einige, ich kann mich einfach nicht entscheiden...


Auf der Peter- & Paulsfestung
 
 
 

Emma & Kasimir :)
 
Ein wunderschöner Strandtag voller Überraschungen
 
 

 





 
Nach dem Anbaden :)
 
 
Der riesige Park in Pawlowsk
mal sehen, ob ich es schaffe und nach der Arbeit noch öfter dort spazieren gehen oder Berichte schreiben werde. Fest vorgenommen habe ich es mir auf jeden Fall...
 
 







 
Sonnenuntergang & Weiße Nächte
 


Übernachten am Strand

Der Leninplatz morgens um 3



Kanalfahrt
 
 





 
 
Blick von der Isaakskathedrale über die Stadt
 
 
 
Eine Portion Glück zum Dessert :)
 
 
Auf den kleinen Fahrscheinen, die man hier in der Straßenbahn oder in den Bussen bekommt, steht eine 6-stellige Nummer. Wenn die Summer der ersten drei Ziffern genauso groß ist, wie die der hinteren drei Ziffern, soll das Glück bringen, aber nur wenn man den Fahrschein auch ist.
Und so ließen wir es uns auf unserer ersten und einzigen Straßenbahnfahrt auch gut schmecken, wobei jeder aber zum Glück nur einen halben Zettel schlucken musste, immerhin ist Glück ja das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt ;)
 
Und Glück haben wir wohl einiges:
 
 
 
Dieser kleine Vogel, der sich auf einem Vorsprung an einer Kanalmauer versteckt, gehört mit seinen gerade mal 11 cm zu den kleinsten Denkmälern der Welt und erinnert an den kleinen Helden aus einem beliebten russischen Kinderabzählvers. Es heißt, wer es schafft, eine Münze so zu werfen, dass sie auf dem kleinen Vorsprung liegen bleibt, darf sich etwas wünschen.
Als wir auf einem (eigentlich kurzen) Spaziergang 10 Kopeken auf der Straße fanden, beschlossen wir spontan den kleinen Vogel zu besuchen und es selbst zu versuchen.
Dreimal dürft ihr raten, wie die Geschichte endet...
Ein anderes Pärchen, das für seinen Wunsch schon ein ganzes Säckchen mit Münzen im Kanal versenkt hatte, schaute jedenfalls nicht schlecht, als wir unsere eine Münze falle ließen und dann gut gelaunt weiterschlenderten ;)
 
 


Sonntag, 9. Juni 2013

Ich lache, wenn es regnet...

denn wenn ich nicht lache, regnet es ja trotzdem!
Genau das haben Ela und ich uns heute auch gesagt, bei unserem Strandausflug nach Солнечное (der Name sei nur deshalb erwähnt, weil er eigentlich Sonne verspricht...), bei dem mein Bikini zwar ordentlich nass wurde, aber leider nicht das Meer, ja noch nicht einmal den Strand sah, der aber auf jeden Fall sehr lustig wurde. Unsere Picknickdecken bzw. Handtücher wurden zu (am Ende leider völlig durchgeweichten und daher nutzlosen) Regenschirmen umfunktioniert und das Picknick schmeckte auch beim Warten auf die Elektritschka und Trocknen in der Sonne (die sich natürlich pünktlich auf dem Nachhauseweg wieder zeigte) ganz fabelhaft ;)

Sonntag, 26. Mai 2013

Das wird mein neuer Rekordeintrag!

Wahnsinn – in nur 3 Monaten bin ich wieder zurück Zuhause in Deutschland! 
Abends um halb 11
Daran denke ich jetzt schon immer öfter und ich glaube ich fange sogar schon an, meine Zeit hier schon ein bisschen auszuwerten und zu reflektieren. Dabei bleibt mir doch eigentlich immer noch ein Vierteljahr! So gesagt klingt es doch wieder gar nicht mehr so furchtbar kurz…
Trotzdem, jetzt wo der lange, dunkle Winter hinter uns und ein vielversprechender Sommer mit seinen weißen Nächten vor uns liegt, hat die Zeit mal wieder ihre Siebenmeilenstiefel angezogen und ist auf Goldkurs, wobei die Ziellinie plötzlich in schon fast greifbare Nähe gerückt zu sein scheint. Vor noch gar nicht mal allzu langer Zeit, konnte ich mir noch überhaupt nicht vorstellen, dass diese Zeit hier irgendwann einmal wieder vorbei sein würde und jetzt mache ich plötzlich wieder Pläne für mein Leben in Deutschland, schreibe Studienbewerbungen und trage der Herbst in meinem Kalender fängt an sich zu füllen. Und das ist auch gut so. Ich freue mich schon unglaublich auf all das und gleichzeitig bin ich genauso froh über Tage, die mir hier noch bleiben. Die Zeit läuft, ich kann, muss aber auch nichts machen, überlass das Laufen ihr und genieße den meist sonnigen Weg.

In den vergangenen Wochen habe ich unterwegs wieder ein paar schöne Erinnerungen und Sommersprossen mehr gesammelt. Hier für euch ein paar Einblicke in meine riesige bunte Sammlung:

Ein wunderschöner WG-Strandausflug

Die Sonne auf der Haut, warmen Sand unter den Füßen, mein erstes Eis für dieses Jahr auf der Zunge und ein immer noch weiß glitzerndes Eismeer.  Den ganzen Tag am Strand rumturnen, mal wieder bei nicht wenigen Leuten für Belustigung sorgen, ein merkwürdiges Spiel namens „Kakerlakensalat“ spielen, d.h. die ganze Zeit irgendwelche Gemüsesorten durcheinanderrufen, oder einfach nur auf Rücken liege und in den blauen Himmel gucken, den Wellen, Möwen oder der Musik lauschen und  erst spät am Abend mit viel Glück und Farbe in den Gesichtern zurück!










 

Das russisch-orthodoxe Osterfest
Naja, das fand ich eigentlich eher ein bisschen enttäuschend.
Wir haben zwar auf unserem Ausflug nach Kronstadt russischen Osterkuchen gegessen und haben abends in einen orthodoxen Gottesdienst reingeschaut, aber von der feierlichen Osternacht sahen wir sehr wenig (trotz einer Stunde früher da sein), hörten auch kaum etwas und verstanden nicht das Geringste. Die Atmosphäre, in der vollen Kathedrale, in der ein ständiges Kommen und Gehen, Geraschel und Gemurmel herrschte, erinnerte mich auch eher an einen Bahnhof und dazu kam, dass es in meinem Kopf schon den ganzen Nachmittag hämmerte und mir speiübel war. Also blieben wir nicht bis in die frühen Morgenstunden, sondern nahmen noch eine der letzten Metros nach Hause. Und so hat sich das russische Osterfest erst einmal so an uns vorbeigegangen.
Als ich mich am Freitag darauf mit Ela (eine russische Freiwillige) zum Fahrradfahren getroffen habe (sie hatte sich daran erinnert, dass ich ihr schon vor einer ganzen Weile mal erzählt hatte, dass ich mein Fahrrad hier sehr vermissen würde und hatte mir deshalb ein zweites von ihrer Schwester organisiert...), wurde ich schließlich doch noch mit ein bisschen Osterfreude überrascht. Diese kam zunächst einmal mit einem riesigen, bunt schillernden Schokoladenosterei und als ich Ela unserem Reinfall in der Osternacht erzählte, nahm sie mich spontan mit in die Kirche, in die sie gewöhnlich geht und wo zufällig gerade ein Gebet stattfand.
Die kleine hellblaue Holzkirche gefiel mir gleich auf den ersten Blick. Schon viel einladender als das Ungetüm aus grauem Stein am Newskii. Der fast quadratische Innenraum war lichtdurchflutet und überall ging von den Ikonen und Kerzenständern ein goldenes Schimmern aus. Eigentlich finde ich so viel Gold ja eher furchtbar kitschig, aber in dem kleinen mit Teppich ausgelegten Raum wirkte es einfach nur hell, warm und freundlich. Der Gottesdienst wurde vom Gesang eines kleinen Chores begleitet (der Chor antwortet meistens für die Gemeinde). Ich war fasziniert . Alles kam mir wie eine völlig andere Welt vor. Von den Worten, die der Pfarrer sprach, verstand ich nichts (inzwischen wurde mir erzählt, dass in der Kirche Altslawisch gesprochen wird und das selbst für die Russen sehr schwer zu verstehen ist) und so konnte ich auch nicht hinter die Gottesdienstordnung steigen.
Selbst das Kreuzzeichen wird anders herum und sehr oft (auf ein mir wohl unbekanntes Zeichen hin) wiederholt...
Aber man muss ja auch nicht immer alles ganz genau mit dem Kopf begreifen. Ich ließ mich einfach von der entspannten und fröhlichen Atmosphäre in der Kirche beeindrucken und nach einer Weile gingen wir wieder (ich glaube, in Russland ist auch noch nicht einmal so richtig „vorgesehen“, dass immer alle, den ganzen Gottesdienst über bleiben. Viele kommen einfach vorbei, zünden eine Kerze an, beten kurz mit der Gemeinde mit und gehen dann wieder)
Auf jeden Fall will ich mir nochmal so einen orthodoxen Gottesdienst anschauen!
 
Der Tag des Sieges
Ich hatte das Gefühl, dass der 9.Mai, der Tag des Sieges über den Faschismus, deutlich mehr gefeiert wurde als Ostern. Schon zwei Wochen vorher, wurden die Straßen mit Wimpeln, Fahnen und Plakaten geschmückt und schließlich gründlich mit Wasser gereinigt (was aber auch einfach nur der normale Frühjahrsputz gewesen sein könnte) und am großen Tag selbst, schien die ganze Stadt auf den Beinen zu sein. Am Morgen eine große Militärparade, abends Salutschüsse und großes Feuerwerk (wegen der schon jetzt unglaublich langen Tage natürlich noch im Hellen) an der Newa und auch den ganzen Tag über überall Paraden, Musik und Bühnenprogramm, was wir uns aber nicht auch noch alles antaten.
Zugegeben, die riesige Menschenmasse, die an den Straßen steht und jubelt, wenn Panzer mit bewaffneten Soldaten an ihr vorbeirollen, fand ich doch sehr befremdlich. Wie man sich darüber freuen kann, konnte mir bisher auch noch niemand wirklich begreiflich machen. Mir lief bei dem Anblick eher ein unbehaglicher Schauer über den Rücken, naja…
Aber dafür waren das bunte Gewimmel auf den Straßen, die Fontänen auf dem Leninplatz bei uns zu Hause, die zur Musik tanzten, ein Abendspaziergang unter dem leuchtenden Himmel, die noch warmen Steine, besonders viele vor der Kamera zu meiner Belustigung posierende Russen und ein warmer Platzregen auf dem Nachhauseweg um halb zwölf doch ganz nach meinem Geschmack :)
 
















Ein Ausflug mit Ela und ihrer Schwester nach Выборг

Und wieder eine großartige Idee von Ela! Vor einer Weile hatte ich ihr auch mal von unserem geliebten Hussitenfest in Bernau erzählt und wie sehr ich mich eigentlich jedes Jahr immer auf das Mitlaufen beim Umzug und vor allem das ganze Spektakel auf dem Mittelaltermarkt freue. Ela hatte durch Zufall entdeckt, dass es auch in Vyborg, dass mit der Eletrischka etwas mehr als zwei Stunden nordöstlich von Piter liegt, auch ein ähnliches Fest stattfinden sollte und mich gefragt, ob ich mit ihr und ihrer Schwester dorthin fahren wollte. Na und ob!

Zwar bestand das Fest dann am Ende aus vielleicht 20 nicht wirklich mittelalterlichen Ständen, einer Gruppe von 10 verkleideten Menschen, die ein bisschen zur Musik von einer Fidel, einem Dudelsack und einer Trommel tanzten und ein Rittertunier, für das wir aber nicht so viel Geld ausgeben wollten, aber TROTZDEM war es auch so ein wunderschöner Tag bei schönsten Sonnenschein in dem hübschen Städtchen. Nur leider können unsere lustigen Gespräche, bei denen ich auch wieder einen kleinen Einblick in die russische Kultur erhaschte, nicht wiedergegeben werden ;)



 
Das Baseballs-Konzert im Klub Kosmonaut
Das ich letzte Woche Donnerstag dann endlich mit Sophie, Bettina, Nils und Isabel besuchte, nachdem es im März wegen Krankheit abgesagt worden war, und wo wir einen wundervollen Abend zusammen durchtanzten!
 


Und weil ich an einem der Maifeiertage arbeiten war, gönnte ich mir nach dem Konzert noch einen freien Tag und fuhr noch einmal alleine raus ans Meer. Natürlich fing es, genau als ich den Strand betrat, an zu regnen. Doch ich beschloss, die Qualität meiner Regenjacke zu testen und ging zwei Stunden am menschenleeren Strand barfuß spazieren und auf Schatzsuche. Meine Regenjacke wurde übrigens für gut befunden.
Am Sonntag waren wir in einem wunderschönen Park nur eine Metrostation weiter -  Picknick am See, mit fast schon sommerliche Temperaturen, viel zu viel Essen für sieben Freiwilligen UND Gitarre – Danke Sophie! Die sich nämlich um alles gekümmert :)

Gestern schließlich wurde dann wieder gepicknickt. Diesmal aber in größerer Runde, bei einem von Perspektivy für alle Freiwilligen organisierten Picknick am Strand in Solnetschnoe (der übrigens noch schöner als in Repino ist). So schön, dass Sophie und ich den nahenden Regen in Kauf nahmen und zu zweit noch ein bisschen länger blieben :)
 
 
 
 
 

 
 
Ja, und dann sind da zwischendurch immer wieder so viele wundervolle Tage mit meinen Kindern in Pawlowsk! Meine kleine Meute ist mir schon so unglaublich ans Herz gewachsen und inzwischen kenne ich jedes Kind immer besser, dass ich die Gedanken an den Abschied, die sich jetzt schon so oft in meinen Kopf drängen, lieber entschlossen beiseiteschiebe und lieber noch etwas mehr Zeit mit ihnen in Pawlowsk verbringe.
Und auch die Zusammenarbeit mit den Sanitarkas, mit denen ich jetzt die meiste Zeit ganz alleine in der Gruppe arbeite, wird immer besser. Wir kennen uns jetzt schon ein bisschen und ich bin deutlich entspannter geworden. Sie wissen inzwischen, wie ich am liebsten arbeiten möchte, aber umgekehrt, weiß ich auch was jede einzelne von mir erwartet  und so können wir uns besser gegenseitig helfen, anstatt immer der anderen irgendwie im Weg zu stehen. Ein bisschen liegt das vielleicht auch daran, dass mein Russisch in den letzten Wochen deutlich besser geworden ist und wir immer öfter auch mal ein bisschen Smalltalk nebenbei führen.
Ich glaube, ich verstehe jetzt viel besser, wie die Sanitarkas zu ihrer Arbeit und den Kindern stehen, die ihnen ganz sicher nicht egal sind!
Zwei meiner Sanitarkas überraschen mich jetzt jedes Mal aufs Neue damit, dass sie die Kinder morgens schon für mich in die Rollstühle setzen, Schuhe an oder aus ziehen, und mich fragen, wo sie mir am besten helfen können oder wie ich bestimmte Kinder denn füttere. Und dabei scheint zwischen den beiden so eine Art heimlicher Wettstreit um den Platz meiner Lieblingssanitarka ausgebrochen zu sein und die beiden überbieten sich immer gegenseitig :D
Besser könnte es auf der Arbeit gerade einfach kaum laufen.
Und an dieser Stelle setze ich jetzt auch andlich meinen letzten Punt. So.